Hero-Glas Veredelungs GmbH

HERO-Glas-Chef Heinrich Ross über den Erfolg von Gestellpool Europe

Endlich gibt es Rechtssicherheit über unser EigentumHeinrich Ross

Gemeinsam mit sei­nem Bruder Hermann, dem Gründer des Familienunternehmens hat Heinrich Ross die HERO-GLAS über mehr als 40 Jahre zu einem bedeu­ten­den Produzenten von Flachglas in Europa gemacht. Der 65-Jährige wird sich nun mehr und mehr aus dem ope­ra­ti­ven Geschäft zurück­zie­hen. Wir spra­chen mit Ross über sei­ne Pionierarbeit für den Aufbau von Gestellpool Europe und die Vorteile, die die HEROGruppe dar­aus zieht.

Die Ölkrise der 1970er-Jahre war einer der Impulse für Hermann Ross, im ems­län­di­schen Dersum eine Produktionsstätte für Flachglas zu eröff­nen. Mit der ers­ten Energieeinsparverordnung ent­stand damals ein Markt für Isolierglasfenster. Relativ schnell hol­te er sei­nen Bruder Heinrich mit ins Boot. Heute, mehr als vier­zig Jahre spä­ter, beschäf­tigt das Erfolgs-Duo über 300 Mitarbeiter am Standort Dersum. Bemerkenswert an dem Familienunternehmen ist die brei­te Produktpalette, die an einem Standort gefer­tigt wird. Die HERO-Gruppe pro­du­ziert neben Isolier- und Sicherheitsglas und gebo­ge­nen Gläsern unter ande­rem feu­er­wi­der­stands­fä­hi­ge Glassysteme sowie Gläser für Superyachten und Kreuzfahrtschiffe. Diese Geschäftsfelder sind gut bestellt 05/2021 und die Brüder wis­sen, dass die nächs­te, jun­ge Generation das Familienunternehmen mit eige­nen Ideen in die Zukunft füh­ren wird.

Unternehmer Heinrich Ross hat nicht nur für die eige­ne Firma gear­bei­tet, er hat sich auch für die Professionalisierung der Transportlogistik inner­halb der Glasbranche enga­giert. Ross zählt zu den Gründervätern der Gestellpool Europe GmbH in den Jahren 2006 bis 2008. Im ver­gan­ge­nen Jahr wur­den mehr als 600.000 Gestellauslieferungen erfolg­reich digi­tal doku­men­tiert. Sebastian Block, Geschäftsführer von Gestellpool Europe mit Sitz in Hannover, weiß um die gro­ßen Verdienste des ems­län­di­schen Glasunternehmers. „Heinrich Ross glüht bis heu­te für den Nutzen der digi­ta­len Gestellbewirtschaftung.“ Die Redaktion sprach mit Heinrich Ross über die Motive für den Aufbau eines fir­men­über­grei­fen­den Gestellpools und die Fortschritte in der Entwicklung einer Cloudbasierten zen­tra­len Gestellverwaltung.

Herr Ross, erzäh­len Sie uns von den Anfängen der Idee eines gemein­sa­men Gestellpools. Ich habe im Jahr 2006 auf einer Fachtagung mit Hermann Schüller von Semco-Glas über das Problem der man­geln­den Verfügbarkeit von Transportgestellen gespro­chen. In der Hochsaison hat die­ser Mangel bei allen Glasherstellern die Produktion gebremst. Dieses Problem bestand über Jahre. Wir haben damals erlebt, dass Gestelle von Dritten ver­mark­tet, als Schrott ver­kauft oder zu eige­nen Zwecken umla­ckiert wur­den. Wir Glashersteller sind regel­recht aus­ge­nutzt wor­den. Diese Wertverluste muss­ten auf­hö­ren und wir woll­ten eine Lösung für eine effi­zi­en­te­re Transportlogistik.

Wie haben Sie die­se Idee weiterentwickelt? 

Hermann Schüller und ich muss­ten ande­re Unternehmer dafür begeis­tern, an den tech­ni­schen und juris­ti­schen Grundlagen für ein neu­es Logistikkonzept zu arbei­ten. Das war durch­aus müh­sam und brauch­te Zeit, denn es gab kei­ne Software, die exakt den Anforderungen der Glashersteller genüg­te. Es hat dann ja auch rund fünf Jahre gedau­ert, bis das System der zen­tra­len Gestellverwaltung rund lief.

War das der Grund dafür, dass Sie zehn Jahre lang bis 2018 als Beirat von Gestellpool enga­giert waren? 

Es gab die Aufgabe, eine leis­tungs­fä­hi­ge Gestellverwaltungssoftware zu ent­wi­ckeln und den Pool juris­tisch abzu­si­chern. Darüber hin­aus war es uner­läss­lich, bei den Unternehmen die Identifikation mit einer zen­tra­len Gestellverwaltung zu stär­ken. Die Geschäftsführungen muss­ten Überzeugungsarbeit leis­ten, ins­be­son­de­re in den Vertriebsabteilungen, wo es immer Bedenken gab, weil der Vertrieb Rücksicht auf Kunden neh­men möch­te. Kunden ver­wei­sen ger­ne auf Lieferanten, die kei­ne beson­de­re Sorgfaltspflicht für Gestelle ver­lan­gen. Das hat schon viel Kraft gekostet.

Wie vie­le Transportgestelle hat die HERO-Gruppe in den Gestellpool eingebracht?

Wir haben 5.000 Gestelle in den Pool ein­ge­bracht. Durchschnittlich sind täg­lich über 350 Gestelle auf mehr als 20 Fahrzeugen unterwegs.

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HERO-Glas Geschäftsführer Heinrich Ross: „Mittels Barcode-Etikett lässt sich jedes Transportgestell jeder­zeit ein­deu­tig identifizieren.“

Wie wür­den Sie die Effizienzgewinne in der Warenauslieferung beschreiben?

Die Umlaufgeschwindigkeit hat sich deut­lich erhöht. Selbst in der Hochsaison haben wir manch­mal Mühe, Abstellplatz für zurück­kom­men­de, lee­re Gestelle zu fin­den. Früher gab es im Herbst immer nur das eine Thema: die feh­len­den Gestelle. Ich konn­te es nicht mehr hören. Heute ist das Thema in den Hintergrund gerückt. Allerdings, trotz der digi­ta­len Gestellverwaltung ist bei uns immer noch ein Mitarbeiter in die­sem Bereich beschäf­tigt. Aber die Mühe hat sich gelohnt.

Die Mission von Gestellpool Europe ist die Erhöhung der Verfügbarkeit von Transportgestellen und nicht die Schaffung einer Erlösquelle für die Teilnehmer. Trotzdem haben Sie fest­ge­stellt, das Pooling rech­net sich auch kaufmännisch. 

Wir beto­nen immer, der Zweck von Gestellpool Europe ist die Optimierung der Verfügbarkeit von Gestellen und damit der Lieferfähigkeit der Glasproduzenten. Das liegt im Interesse der Lieferanten und der Kunden. Mietgebühren wer­den erst fäl­lig, wenn die Gestelle län­ger als acht Wochen bei den Kunden rum­ste­hen. Mit die­sem Limit errei­chen wir, dass der Gestellkreislauf flüs­sig bleibt. Dennoch habe ich für den Zeitraum 2015 bis 2020 aus­ge­rech­net, wie sich die zen­tra­le Gestellverwaltung für HERO-Glas kauf­män­nisch abbil­det. Auf der Habenseite gibt es Mietgutschriften und Erlöse von Kunden, die für ver­lo­re­ne Gestelle eine „Entschädigung“ zah­len. Auf der ande­ren Seite ent­ste­hen Kosten für den Gestellpool und Kosten durch die Anschaffung neu­er Gestelle. Unterm Strich und bei Betrachtung aller Komponenten ren­tiert sich das Modell und wir kön­nen ein posi­ti­ves Ergebnis verzeichnen.

Mit wel­chen Argumenten wür­den Sie heu­te einen neu­en Teilnehmer für Gestellpool Europe gewin­nen wollen?

Wir haben inzwi­schen in eine viel leis­tungs­fä­hi­ge­re eige­ne Software inves­tiert. Wer heu­te mit­macht, der zieht prak­tisch sofort die von mir beschrie­be­nen Vorteile aus der Gestellverwaltung. Und ganz wich­tig ist, dass die Teilnehmer durch die GPS-Ortung jedes Gestells im Streitfall mit Kunden Rechtssicherheit genie­ßen. Wir Glashersteller kön­nen bewei­sen, wo Gestelle zuletzt abge­stellt waren. Ich habe ehr­lich gesagt nie ver­stan­den, wenn Firmen nicht mit­ma­chen wol­len, lie­ber an ihren Excel-Listen fest­hal­ten, ohne jemals Rechtssicherheit über ihr Eigentum an Transportgestellen zu erlangen.

Herr Ross, vie­len Dank für das Gespräch. 

Die Fragen stell­te Thomas Engelbrecht

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